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Fehlerfrei sein

Geht nicht!

Fühlst du dich manchmal schlecht als Mutter oder Vater, sogar als die schlechteste Mutter oder der schlechteste Vater der Welt?

Willst du es immer richtig machen und liegst dann abends mit Schuldgefühlen im Bett, weil es mal wieder nicht geklappt hat? Ist der Druck alles richtig zu machen riesig groß und oft unerreichbar?

Ich kenne das Gefühl, vor allem als Elternberaterin, denn auch wenn ich sehr vieles weiß, passieren auch mir immer wieder mal Fehler.

Es gibt Ratgeber in rauen Mengen, Instagramkanäle und Facebookgruppen, die dich immer wieder an deine Fehler erinnern und damit auch gleich das schlechte Gewissen und die Schuld mitliefern.

Ich selber entdecke es immer wieder, dass einem ständig als Eltern vorgehalten wird welche Fehler wir machen, die wir tunlichst lassen sollten: „3 Fehler, die du als Mama machst!“, „5 Fehler in der Kindererziehung!“, „10 Fehler im Umgang mit deinem Kind!“ 

Die Erwartungshaltung ist riesig und die Unsicherheit wächst und wächst.

Und hinzu kommt dann noch der eigene Wunsch keine Fehler zu machen. Denn das haben wir doch gelernt, oder? Fehler sind etwas schlechtes, zumindest gab es schlechte Noten oder vielleicht sogar Strafen für Fehler oder ‚fehlerhaftes‘ Benehmen. 

Rotes Post-It mit negativsmiley und grünes post-it mit positivsmiley von Händen gehalten
Gut oder schlecht?

Die Realität akzeptieren

In Wahrheit sollten wir anfangen anders über Fehler nachzudenken. Was macht es mit Dir, wenn ich Dir sage, dass Fehler okay sind? Dass wir Menschen fehlbar sind und dass das gut ist!

Wir sollten aufhören zu hart zu uns selber zu sein und uns nicht gut genug zu finden.

 

Wir sind Menschen und wir sind Teil einer Welt in der jeder Einzelne grundsätzlich fehlbar ist. Dass ich Fehler mache, macht mich also nicht besser oder schlechter als andere. Keiner ist perfekt und auch die, die auf Bildern oder in Filmen oder Social Media suggerieren perfekt zu sein, sind es nicht.

Dieses Bild der perfekten Eltern ist also eine Illusion und ehrlich gesagt, ist das auch gut so! Denn das wäre für Kinder gar nicht gut. Und dabei dürfen wir uns ganz nebenbei fragen, was ist eigentlich perfekt und durch wessen ‚Brille‘ ist das Perfekte das richtige perfekt?

 

Fehler gehören also dazu und deshalb sollten wir sie auch nicht verstecken müssen.

Irgendwie fühlen wir uns ja auch ab und zu dazu hingezogen ‚Fehler‘ zu machen, wie beispielsweise zu schnell Auto fahren, vielleicht ist der/die ein oder andere auch mal bei Rot über die Ampel gegangen oder hat ganz heimlich etwas genascht?

Nun kann es sehr befreiend wirken an diesen Stellen Mitgefühl für sich selbst zu entwickeln und zu erkennen, dass wir alle ab und zu blöde Dinge tun, auch wenn wir es eigentlich besser wissen. Wir sind und können auch nicht immer optimal sein und es ist befreiend sich das einzugestehen. Die Akzeptanz unserer Fehler kann ganz viel Druck reduzieren.

 

Gleichzeitig ist es nicht immer ganz einfach, denn im Fundament braucht es das Gefühl, dass ich gut bin, so wie ich bin. Fehlbar zu sein und gleichzeitig gut genug zu sein ist den meisten von uns nicht in die Wiege gelegt worden.

Einer der häufigsten Glaubenssätze ist nämlich ‚Ich bin nicht gut genug‘. Das begleitet uns oft mehr oder weniger präsent durchs Leben, spätestens jedoch, wenn wir Kinder bekommen, kann es mit voller Wucht an die Oberfläche kommen.

Die Auswirkungen des Perfektionismus

Der Druck keine Fehler zu machen in unserem Leben und gerade in der Begleitung unserer Kinder, kann sehr viel Stress verursachen. Gerade wenn sie passieren, die kleinen Fehler, dann verursacht es für viele von uns Scham- oder Schuldgefühle.

Diese sehr schweren Gefühle rauben uns oft den Schlaf oder belasten uns im Alltag. Wir fühlen uns blockiert, müde, hilflos und wünschten uns diesen ‚blöden‘ Fehler nicht begangen zu haben. Wir wünschen uns fehlerfrei zu sein...

 

Da wir alle unperfekte Wesen sind ist das Streben nach Perfektion vergeblich und unfassbar anstrengend und zermürbend.

Für viele endet es in einer Unzufriedenheit mit sich selbst, die sehr ungesund ist. Für einen selbst und auch für andere. 

Die Beziehung zu anderen Menschen, speziell zu unseren Kindern ist sehr abhängig davon, wie wir uns fühlen und dementsprechend auch verhalten. Der Eisberg, den ich zum Verständnis der inneren seelischen Vorgänge von Kindern in Bezug auf ihr Verhalten in meinen Beratungen benutze, ist genauso auf Erwachsene anzuwenden. Somit wird klar, dass jedes Verhalten Sinn macht und dem immer ein Gefühl und ein ungestilltes emotionales Grundbedürfnis zu Grunde liegt.

 

Wir sind alle unperfekt und wir sind alle gut genug!

Wir dürfen aufhören zu hart zu uns selbst zu sein und uns nicht gut zu finden!

Schwarze Tafel mit Kreideaufschrift 'Nobody is perfect'
Niemand ist perfekt

Die Bedeutung von Selbstakzeptanz

Wenn du der Überzeugung wärst, dass du gut bist, so wie du bist, was ändert sich dann für dich? Wie würdest du dich fühlen? Wie würdest du dann mit deinen kleinen Fehlern umgehen?

 

Es ist eine schwierige Aufgabe, tiefsitzende Glaubenssätze über uns selbst, die in unserer Kindheit ihre Wurzeln haben, einfach so beiseite zu schieben. Einfach so, geht nicht und es erfordert, dass wir uns selbst reflektieren und immer wieder damit beschäftigen.

Die Gefühle von Schuld oder Scham sind wie rot blinkende Leuchtschilder, die uns sagen wollen, dass wir hinfühlen und hinschauen dürfen, weshalb wir so fühlen, wo es herkommt und ob wir es vielleicht sogar annehmen können.

 

Hätten wir tatsächlich von Kind auf an, gelernt und verinnerlicht, dass wir gut sind, wie wir sind, dann könnten wir womöglich besser mit unseren sogenannten Fehlern umgehen. Vielleicht würden wir sie gar nicht als Fehler betiteln, vielleicht würden wir sagen können: „Nicht schlimm, ich starte nochmal neu, oder ich versuche es nochmal, oder es hilft mir nochmal umzudenken.“

 

Uns so zu akzeptieren wie wir sind, unser Selbst anzunehmen und Mitgefühl für uns selbst zu haben, ermöglicht es uns, unser Tun zu reflektieren und weiter zu kommen. Es lässt uns in einem lieben Ton mit uns selbst sprechen, es fördert unsere Resilienz und hilft uns in unserer Elternschaft gut mit uns selbst umzugehen. Denn das lässt sich direkt auf unsere Kinder übertragen.

Hier schließt sich der Kreis

Wir wissen, dass wir als Eltern als Vorbilder für unsere Kinder agieren. Wir wissen, dass das was wir machen viel wichtiger ist, als das was wir sagen. Wir wissen, dass es das Selbstbild unserer Kinder beeinflusst, wie wir mit uns selbst umgehen, über und zu uns selbst sprechen und uns anderen gegenüber verhalten.

Genauso wissen wir, wie wir uns selbst damit fühlen was unsere Eltern, ErzieherInnen und LehrerInnen uns als Vorbilder und Bezugspersonen mitgegeben haben. Denn da kommt es her, dass wir uns nicht gut genug fühlen und Fehler, die wir machen, zu Schuld und Scham führen.

Deshalb ist es so wichtig, hier den Kreis zu unterbrechen, die sogenannte CyclebreakerIn zu sein und unseren Kindern ein Vorbild zu sein. Lasst uns Fehler nicht verurteilen, sondern zu Helfern im Leben machen. Last uns deutlich machen, dass es nicht schlimm ist, wenn etwas mal nicht so läuft, wie vielleicht erhofft, dass wir immer nochmal und nochmal und nochmal probieren können, wenn wir wollen. Dass jeder Mensch fehlbar ist und dass das völlig normal ist und dass sie mit allem was sie ausmacht geliebt werden!

Fehler sind Helfer und sind der Antrieb für Weiterentwicklung

Elternschaft sollte nicht fehlerfrei sein

Wenn wir uns authentisch in unserer Elternschaft zeigen und gut mit uns selbst umgehen, auch wenn wir (unumgänglich) Fehler begehen, dann sind wir für unsere Kinder greifbar und gleichzeitig Vorbilder, die auch ihnen ermöglichen sich selbst authentisch zu zeigen.

 

Gleichzeitig ist es uns so möglich unseren Kindern nicht die Last der Schuld oder Scham zu übertragen, da wir Verantwortung für uns selbst in einer positiven und selbstannehmenden Weise übernehmen.

 

Sollten wir also mal zu laut, zu ungerecht oder irgendetwas gewesen sein, was sich nicht gut anfühlt, dann ist das Beste was wir tun können:

 

• uns nicht dafür zu verurteilen und in Scham und Schuld zu versinken

• zu reflektieren, wie es dazu kommen konnte

• Mitgefühl für uns selbst zu haben (denn es hat immer einen Grund)

• Verantwortung für unser Handeln zu übernehmen

• Uns aufrichtig für unser Verhalten zu entschuldigen und damit die abgebrochene Verbindung wiederherzustellen und zu reparieren

 

So kannst du dich weiterentwickeln und beim nächsten Mal anders agieren und spüren, dass deine Fehler, wenn du sie akzeptierst und annimmst deine Helfer sein können.

Und selbst wenn es dir wieder passiert, habe davor keine Angst, wenn du immer wieder reflektierst und dich mit dir selbst beschäftigst, wird es besser werden und wie schon mehrfach erwähnt, strebe nicht danach fehlerfrei zu sein, denn das geht nicht!

 

Am Anfang schrieb ich, dass es viel Information und Ratgeber gibt, die uns immer wieder auf das Aufmerksam machen, was wir falsch machen.

Wenn du das Gefühl hast, das ein Buch oder ein Instagram Kanal dir eher einen Knoten im Bauch macht und dir Schuldgefühle oder Scham überträgt, dich verunsichert und dich genau dort trifft, wo es wehtut, dann lege das Buch weg, entfolge auf Instagram oder anderen Social-Media-Kanälen.

Es ist wie ein Buffet zu sehen, im Hotel gehst du ja auch ans Buffet und nimmst nur was du magst und was dir guttut (auch hier musst du nicht fehlerfrei sein ;)) und in der Welt der ganzen Informationen, die uns heute zufliegen, dürfen wir auch wählen und das nehmen was uns hilft, guttut oder weiterbringt.

Es gibt viele Elternratgeber, Bücher und Social-Media-Kanäle, die es gut mit dir meinen und dich ohne Scham und Schuldzuweisung an die Hand nehmen wollen.

Und wenn du mehr als das benötigst, dann zögere nicht dich beraten zu lassen, denn es kann so viel Druck im Alltag nehmen und bedarf manchmal nur wenige Gespräche.

 

Bleib in Verbindung, denn es lohnt sich.

Deine Kaia 💛

Du bist fehlbar und du bist gut genug!


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